In der Demokratie gilt: Die Mehrheit hat nicht immer recht. Selbst Friedrich Schiller, der Dichter der Freiheit, beklagte sich, dass gelegentlich «die Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet». Für die Demokratie gilt aber auch – und erst recht: Der Wille der Mehrheit gilt. Denn in der Demokratie herrscht die Diktatur der Mehrzahl. Selbst eine einzige Stimme über dem absoluten Mehr entscheidet über das Ergebnis. Darum ist in der Demokratie jeder einzelne Stimmbürger, jede Stimmberechtigte entscheidend. Oder eben im wahrsten Sinne des Wortes souverän.
So war es wenigstens bis vor kurzem. Irgendwann begannen die Politiker, auf die Stimme des Souveräns zu pfeifen. Sogar auf die Mehrheit dieser Stimmen. Trotzdem Ja gegen die Masseneinwanderung mit dem knappen Mehr von 50,3 Prozent (bei einer weniger knappen Mehrheit von 17 von 26 Ständen) wurde der Verfassungsartikel nicht umgesetzt. Und jetzt, bei der knappen Mehrheit von 50,14 Prozent (bei einer weniger knappen Mehrheit von 18 von 26 Ständen) zugunsten der Beschaffung neuer Kampfjets, wollen die Verlierer das Resultat wieder nicht anerkennen.
Rot-grüne Politiker fordern rotzfrech, dass die Kampfjets deutlich billiger sein müssten, als die soeben mehrheitlich bewilligten sechs Milliarden Franken. Selbst CVP-Präsident Gerhard Pfister verneigt sich vor den linken Verlierern und schwafelt im Blick von «fünfeinhalb Milliarden». Er verwechselt die Demokratie mit dem Zuger Stieren Markt. Es gibt nichts zu feilschen und nichts zu schachern.
Nach der Logik von Wackel-Pfister könnte die SVP fordern: «Weil 38 Prozent der Begrenzungsinitiative zugestimmt haben, ist die Masseneinwanderung aus der EU per sofort um 38 Prozent zu reduzieren.»
«Der geplante Kauf neuer Kampfjets ist ein Blankoscheck in der Höhe von 6 Milliarden Franken», hat das linke Referendums-Komitee im Abstimmungsbüchlein gewarnt. Wohl an. Die Demokratie hat jetzt genau diesen Blankoscheck ausgestellt. Und keinen für Billiger- und Billigpolitiker. Das sind keine Volksvertreter, sondern Volkszertreter. Für sie darf das Volk zwar die Hände im Spiel haben.
Doch das Spiel wollen sie selber in der Hand behalten.
Von Christian Mörgeli, WW 30.09.2020
Schlussfolgerungen
1. Absolut zutreffend, nur ist der Schweizer Stimmbürger schon jetzt nicht mehr souverän, spätestens seit er die Volksinitiative "Beschränkung des Masseneinwanderung (MEI) angenommen, in die Bundesverfassung im Art. 121 verankert hat, Parlament und Bundesrat diese MEI (eine eigenständige Steuerung der Einwanderung) nie korrekt umsetzte, bis heute nicht.
Gut diese Macht der Bürger direkt die Verfassung zu ändern, die hat ansonsten kein anderer Bürger (ausser bei den Indigenen Urvölkern) in der restlichen demokratischen Welt. Nur nützt uns diese Bürgermacht seit längerem auch nichts mehr, denn diese MEI wurde bis heute inhaltlich nicht umgesetzt, weder noch vom Parlament noch von der Exekutive, dem Bundesrat. Dies, weil meiner Meinung nach ganz offensichtlich die EU-Kommissare den Repräsentanten der Schweiz wieder gedroht haben, bei Umsetzung würden sie die sieben bilateralen Verträge kündigen. Seither, seit 2014 sind wir als Souverän in der Schweiz ganzeinfach kalt entmachtet worden.
Denn die direkte Demokratie
hat zwei Bedeutungen:
A) Sie bezeichnet zum einen eine Herrschaftsform, in der (ein Teil der) Macht direkt vom Volk in Abstimmungen ausgeübt wird. Vollständige Machtausübung wären in Abgrenzung dazu Basisdemokratie. Die Basisdemokratie ist eine begrifflich nur als „diffuser Sammelbegriff“ definierte Form der direkten Demokratie. Sie kommt in den meisten basisdemokratischen Konzepten im Gegensatz zur repräsentativen Demokratie ohne Repräsentanten aus, da alle relevanten Entscheidungen von den Betroffenen selbst durch „unmittelbare Beteiligung“ getroffen werden, entweder durch Abstimmung oder direkte Aktion. Sofern es in manchen Konzepten Amtsträger gibt,
sollen diese unter dem Vorbehalt der ständigen Abwahlmöglichkeit stehen.
Insofern führten in der Französischen Revolution die Revolutionären Jakobiner die Basisdemokratie also auch in Frankreich ein. Dies, indem sie König Louis den XIV, als Sonnenkönig allseits bekannt, als zu selbstverliebt, den Bürger total missachtend, kurzerhand in einer direkten Aktion absetzten, später gar enthaupteten mittels der legendären Guillotine.
B) Sie bezeichnet zum anderen einzelne politische Entscheidungsverfahren, bei denen das Volk unmittelbar über Sachfragen abstimmt, in einer ansonsten repräsentativen Demokratie.
2. Angesichts der Gefährdung durch den momentanen direkten Abbau der demokratischen Rechte der Bürger, gar durch die direkte Abschaffung der Demokratie wie jetzt in der Corona-Virus-Zeit. Darum hat der Schweizer Souverän einen grossen Fehler gemacht, als er die direkte Wahl oder Abwahl eines Bundesrates kürzlich, völlig unverständlich für mich, sträflich ablehnte. Der Bundesrat hat sich diese Allmacht aufgrund einer einfachen Verordnung (VO) die absolut nicht einem formellen Gesetz entspricht, also ohne Legitimation eigentlich, selber erteilt. Dies ganz im Gegensatz zu Präsident Orban von Ungar, gegen den unsere Medien mehrheitlich ja fortlaufend aus vollen Rohren schimpfen, er sei ein Diktator. Er hat zuerst einmal das Parlament (Legislative) korrekt angefragt, das ihm dann eine diesbezügliche Legitimation rechtmässig erteilt hat. Wer handelte jetzt demokratischer, rechtsstaatlicher, korrekter?
3. In aller Konsequenz: Die damalige Mehrheit der Stimmbürger ist selber schuld am heutigen undemokratischen Zustand der Schweiz?

Das ist das Schöne an einem Fehler: Man muss ihn nicht zweimal machen.